Am 5. Dezember 2018 wurden von der Europäischen Union (EU) Verbesserungen im Unternehmenssteuerrecht bei grenzüberschreitenden Vorgängen (Gesellschaftsrecht in der EU) vereinbart, die im April 2018 von der Europäischen Kommission vorgeschlagen worden waren. Mit diesen Änderungen beabsichtigt man, die Bewegung von Unternehmen im Binnenmarkt zu erleichtern.
Gesellschaftsrecht in der EU – Ziele der Änderungen:
- Schnellere Fusions-, Aufspaltungs- und Verlagerungsprozesse für Unternehmen innerhalb der EU ohne unnötige Verzögerungen oder Kosten
- Vorbeugung von Missbrauch von Steuervorschriften
- Aufbau eines gerechteren EU-Binnenmarktes
Das bestehende Gesellschaftsrecht in der EU ist aufgrund der Auferlegung von übermäßig hohen administrativen Hürden für Unternehmen mit grenzüberschreitender Tätigkeit in Kritik geraten. Die drohende Erwartung von umständlichen Verfahren und Verzögerungen kann Unternehmen davon abhalten, die Chancen einer grenzüberschreitenden Tätigkeit zu nutzen. Die in den jeweiligen Mitgliedsstaaten geltenden einzelstaatlichen Unternehmensvorschriften sind sehr unterschiedlich, was bei den Unternehmen für Verwirrung und Ungewissheit sorgt. Darüber hinaus wird dem derzeitigen Gesellschaftsrecht ein unzureichender Schutz der Arbeitnehmer-, Aktionärs- und Gläubigerinteressen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Verlagerungen vorgeworfen.
Seitens der EU wurde die Einführung von Online-Verfahren in allen Mitgliedsstaaten beschlossen, um den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Informationen online einzureichen, zu registrieren und zu aktualisieren. So können z.B. durch eine zu 100% online vorgenommene Unternehmensregistrierung die Fristen verkürzt und Einsparungen in Höhe von 42-84 Millionen € für EU-Unternehmen erzielt werden. Derzeit gibt es nur in 17 Mitgliedsstaaten einen kompletten Online-Prozess für Unternehmensregistrierungen. Die Kommission hat darüber hinaus auch Online-Prozesse zur Betrugsbekämpfung vorgeschlagen, wie z.B. obligatorische Identitätskontrollen. Die EU hat beschlossen, die Strategie für einen digitalen Binnenmarkt zu implementieren, was mit Veränderungen im Bezug auf einen verbesserten kostenfreien Zugriff auf Datensätze des Systems zur Verknüpfung von Unternehmensregistern (BRIS) einhergeht. Die Mitgliedsstaaten sollen ermutigt werden, die in der Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie geforderten Informationen über deren Websites zur Verfügung zu stellen, die dann wiederum über das einheitliche digitale Zugangstor zugänglich gemacht werden. Alle diese Veränderungen sollen die Umsetzung des Grundsatzes der einmaligen Erfassung unterstützen, bei dem die Unternehmen bestimmte Angaben wiederverwenden und somit redundante Verfahren vermeiden können.
Im April 2018 wurden von der Kommission außerdem neue Regeln zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer, Gläubiger und Minderheitsaktionäre vorgeschlagen. Diese Vorschläge werden derzeit noch untersucht. Dabei sollen z.B. Unternehmen verpflichtet werden, ihren Mitarbeitern Informationen zu übermitteln, in denen die Folgen von geplanten grenzüberschreitenden Projekten erläutert werden. Ein weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang wäre die Aufforderung an Unternehmen, gegen eine angemessene (von einem unabhängigen Experten bewertete) Barabfindung Austrittsrechte für Minderheitsaktionäre und stimmrechtlose Aktien einzuräumen. Des Weiteren wurden von der Kommission Veränderungen zur Schaffung von zuverlässigeren und besser vorhersehbaren rechtlichen Rahmen in Sachen Gläubigerschutz vorgeschlagen.
Dem derzeitigen Gesellschaftsrecht in der EU wird Widersprüchlichkeit und fehlender Schutz von Unternehmen bei grenzüberschreitenden Aktivitäten vorgeworfen. Die von der Kommission vorgeschlagenen Veränderungen sollten gerade diesen Problemen Rechnung tragen und reibungslosere grenzüberschreitende Verfahren ermöglichen, was letztlich zu einem gerechteren Binnenmarkt beiträgt. Für weitere Informationen und Beratungen zur Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie setzen Sie sich bitte mit unserer Kanzlei in Verbindung.
Víctor Sáez